UNESCO-Diskussionsforum

09.10.202409:00

„The Disunited States vor der Präsidentschaftswahl: Quo vadis Amerika?“

Am 26. September öffnete die Humboldtschule erneut die Tore für das vierte UNESCO-Diskussionsforum, das mit herausragenden Experten und Expertinnen aufwartete. In der gut besuchten Aula berichteten Dr. Klaus Scharioth, ehemaliger deutscher Botschafter in den USA, und Corinna Blutguth, Programmanagerin beim Marshall Fund der Vereinigten Staaten, über die aktuellen Entwicklungen zu den bevorstehenden Präsidentschaftswahlen in den USA am 5. November. Nach ihren spannenden Einstiegsplädoyers beantworteten sie im Rahmen einer Podiumsdiskussion zahlreiche Fragen aus dem Publikum.

Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit der Deutschen Atlantischen Gesellschaft, der Hessischen Landeszentrale für politische Bildung und der Gesellschaft für Sicherheitspolitik durchgeführt. Ein besonderer Dank gilt der Schulleitung unter der Schulleiterin Uta Stitterich und Dr. Torben Waschke, sowie den engagierten Lehrerinnen, Lehrern und Schülern, die dieses Forum ermöglicht haben.

Das Thema der US-Wahlen hat sowohl im schulischen als auch im gesellschaftlichen Kontext große Bedeutung, da die Ergebnisse weitreichende globale Konsequenzen haben und auch uns im wirtschaftlichen und politischen Kontext betreffen. Diese Diskussionsrunde eröffnete die Möglichkeit, mithilfe erfahrener Experten die komplexe amerikanische Politikwelt besser zu verstehen und im Bekanntenkreis zu Gesprächen anzuregen.

Beispiellose Polarisierung in den USA

Dr. Klaus Scharioth betonte, dass er eine derartige Polarisierung innerhalb der USA noch nie erlebt hatte. Der Wahlkampf spalte Familien und bringe Konflikte zutage. Die junge Wählerschaft unterstützt Kamala Harris, die durch kleine Spenden und die Popular Votes an mehr politischen Erfolg und Einfluss gewinnt. Entscheidend ist letztlich das Electoral College, wobei nur sieben Swing States wirklich relevant sind. In Nebraska könnte eine abweichende Stimmenregulierung Harris entscheidende Stimmen sichern, während Trump weiterhin versucht, die Regeln zu seinen Gunsten zu ändern. Insgesamt handelt es sich um ein sehr knappes Rennen ohne feste Voraussage, außer dass die Wahl strukturelle Veränderungen nach sich ziehen wird.

MAGA-Bewegung vs. „Joy-Kampagne“

Corinna Blutguth erklärte, dass sich in diesem engen Rennen viele Wähler von Trump angesprochen fühlen, da sie als Amerikaner das Gefühl haben, ihre Würde verloren zu haben. Sie glauben, dass Trump ihre Anliegen und das Gefühl der fehlenden Anerkennung besser wahrnimmt. Nach Auffassung von Dr. Scharioth spielt Trump mit seiner charismatischen Aura ganz bewusst ein apokalyptisches Narrativ einer sich im Niedergang befindlichen Nation. Harris setzt mit ihrer Joy-Kampagne dagegen auf zukunftsorientierte Themen, die Frauenrechte und soziale Aspekte betont, die in der MAGA-Bewegung oft als „Wokeness“ denunziert werden.

Die Spaltung in der amerikanischen Gesellschaft rührt auch von einer langen Geschichte internationaler Politik und jüngeren Kriegen her, wie etwa dem desaströsen Irak-Krieg im Jahr 2003 und dem überstürzten Abzug aus Afghanistan im Jahr 2021. Medien und soziale Netzwerke verstärken die immer größer werdenden Schluchten zwischen den Demokraten und Republikanern.

Wahlsieg Trumps würde Anti-EU-Haltung verschärfen und die NATO lähmen

Im Anschluss an die Podiumsdiskussion hatten die Schülerinnen und Schüler sowie die Gäste während der Q&A-Runde die Gelegenheit, ihre Fragen an die Experten zu stellen, darunter auch die Auswirkungen des Israel-Kriegs auf den Wahlkampf. Viele demokratische, insbesondere muslimische, Wähler sind enttäuscht von der Regierung. Der Krieg schadet mehr Harris als Trump, da viele junge, linksgerichtete Demokraten hinter Palästina stehen.

Die politische Bildung in den USA verstärkt oft die Polarisierung. Ein Beispiel ist Floridas Kulturkampf unter DeSantis, der Bücher verbietet, um „Wokeness“ zu bekämpfen. Die Medien fördern keine Meinungsvielfalt, sondern verstärken bestehende Einstellungen.

Für uns in Europa hat die US-Politik ebenfalls Folgen. Eine Wiederwahl Trumps würde die NATO schwächen, die Anti-EU-Haltung verstärken und Handelsabkommen erschweren. Artikel 5 der NATO könnte in Frage gestellt werden, während Zölle steigen könnten. Zudem liegt bei beiden Kandidaten der Fokus auf dem Rivalen China und der Indopazifik-Region.

Im Nachgang hielt das Publikum den Abend für erkenntnisreich und informativ. Für den gelungenen Ablauf und die wertvolle Unterstützung gebührt besonders ein aufrichtiger Dank an die Experten Dr. Klaus Scharioth und Corinna Blutguth. Es ist gut, dass es solche Abende gibt, und die Experten erfassten die Schwierigkeiten treffend. Einige Schüler wünschten sich, dass in der Diskussion noch stärker auf die Bezüge zu Deutschland eingegangen worden wäre. Dennoch war der Abend authentisch, ansprechend und aktuell. Wir hoffen auf weitere erfolgreiche Veranstaltungen.

Zur Autorin:

Mayleen Watzinger ist Oberstufenschülerin an der Humboldtschule. Sie besucht die Q1-Phase und belegt die Leistungskurse Englisch und Biologie. Sie engagiert sich ehrenamtlich in der Medien-AG und schreibt gerne Artikel zu wichtigen Themen und Veranstaltungen, die an der Humboldtschule stattfinden.